Wie viel soll jeder Beitragen können?


Aus einer IRC Diskussion:

Das ist glaube ich auch eine Philosophie Frage: Sollen die Klassen pro Kampf, pro Szene, oder pro Kampagne gleich viel mechanisch beitragen können? Oder ist es nur wichtig, dass die Spieler am Tisch soviel beitragen können, wie sie möchten (inklusive ruhigere Spieler und Spieler, die gerne im Mittelpunkt stehen)?

Da wären meine Antworten so:

Die Klassen sollten pro Szene gleich viel mechanisch Beitragen können. Pro Szene deswegen um die maximale Idle Zeit, die ein Spieler am Stück am Tisch erlebt minimiert wird. Schliesslich gehen wir doch alle zu den Spielrunden um mitzuspielen, oder? Und es macht einen Unterschied, ob ich von 5 Stunden zwar eine Stunde Spiele, diese aber am Stück Spiele und dafür 4 Stunden warte, oder ob ich alle paar Minuten eine (realistische und mechanisch gedeckte) Eingreifmöglichkeit habe. Es fühlt sich einfach besser an, wenn man möglichst wenig warten muss.

Wohlgemerkt: Mechanische Einflussnahmemöglichkeit. Das lässt das freie Spiel genau so aussen vor, wie den Unwillen in eine Situation einzugreifen. Wobei mangelnde mechanische Möglichkeiten schnell auch Unwillen erzeugen können.

Wenn ein D&D 4 Abenteuer eine Skill Challenge verlangt gehe ich als DM hin und frage der Reihe nach jeden Spieler: „Beschreibe mir, was dein Charakter macht.“ Nix tun ist möglichst keine Option. Skills werden hier nicht erwähnt, können aber am Ende vielleicht doch gewürfelt werden. Für mich zählt die Beschreibung der Tätigkeit.

Da Beschreibung und Mechanik aber im Zusammenhang stehen wird am Ende wohl meistens doch eine Skillprobe erfolgen – und da würde sich die Katze selbst in den Schwanz beissen, wenn man zwar theoretisch eine Möglichkeit hat, erzählerisch einzuschreiten, aber mechanisch immer versagen würde. Das kann ab und an Mal nett sein um eine bestimmte Seite eines Charakters zu porträtieren, sollte aber bitte nicht zur Norm werden. Darum sollten Herausforderungen so angelegt werden, dass alle eine Möglichkeit haben einzugreifen.

Damit ist auch der zweite Teil der Frage beantwortet: Auch der stille Spieler sollte gefordert werden, aber nicht gezwungen werden.

Auf der anderen Seite will ich aber auch dauernd nicht in die Situation, mir meine Eingreifmöglichkeit erarbeiten zu müssen. Das eine kann nämlich schnell zum Einigeln führen, insbesondere, wenn die Kompetenzen des Charakters nicht klar sind. Daher dieses der Reihe nach rumfragen, wer was tun will. NAtürlich läuft nicht jede Situation so ab, aber in Schlüsselsituationen sollte jeder die Möglichkeit haben einzugreifen und auch nicht von dem, der am lautesten kreischt immer überspielt werden.

Im Kampf steht ja auch nicht einer einfach rum und lässt die anderen machen – zumindest bei D&D 4 nicht. Dafür ist der Beitrag jedes einzelnen zu wichtig. So sollte es ruhig immer sein.

10 Antworten zu “Wie viel soll jeder Beitragen können?

  1. Im Leben sind nun mal nicht alle Menschen gleich wichtig in jeder Situation – das ist einer der Punkte, die mich an Spielen wie D&D 4th Ed. so stören. Ich mag es, wenn Klassen unterschiedliche Schwerpunkte haben und dadurch auch unterschiedlich stark sein können. Dafür gab es einst differenzierte Ansprüche für Stufenaufstiege.

    Wider der Gleichmacherei! 🙂

    • Dazu kann ich eigentlich nur sagen:

      Richtig. Im Leben sind nun Mal nicht alle Menschen gleich. Aber das hier ist nicht das Leben, das ist ein Spiel. Und in einem Spiel sind lange Zeiten, in denen man nicht vernünftig eingreifen kann, schlecht. Die meisten Gesellschaftsspiele wissen das. Die meisten Rollenspiele wälzen die Verantwortung auf den DM ab, was okay ist, wenn der DM das gut handhabt. Habe ich leider nicht oft erlebt.

      Ich habe stundenlange diplomatische Verhandlungen erlebt, wobei die Krieger der Gruppe aufgrund mangelnder Fähigkeiten in diesem Bereich und mangelnder Möglichkeiten innerhalb der Verhandlungen, einfach nur rumsitzen konnten. Die Spieler hätten genau so gut woanders hingehen können und ein Kartenspiel spielen können. Wohlgemerkt: stundenlang in echter Zeit.
      Ich habe auch sequenzen von Kämpfen erlebt, in denen Charaktere einfach nur dabeistanden und genau so gut nichts hätten tun können. Sie haben effektiv nichts zum Erfolg einer Situation beitragen können.

      Dann ist da noch die „Gleichheit der Klassen“, die es so auch bei 4e nicht gibt:

      Weder sind bei 4e alle Klassen gleich – wer einmal einen Krieger und einen Magier gespielt hat, weiß genau, dass heir gravierende Unterschiede vorliegen und sich die Charaktere anders verhalten müssen. Wers nciht glaubt, soll sich Mal mit einem 4e Magier mitten in die Gegner reinstellen und das ausprobieren. Und dann bitte noch Mal mit einem Krieger.

      Und wer glaubt, das Klassen der gleichen Rolle gleich sind, soll Mal einen Rogue und einen Sorcerer spielen. Viel Spaß beim Versuch die gleichen Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Nicht mal der Sorcerer und der Warlock spielen sich gleich und beide sind Striker mit der Arcane Power Source.

      Das gilt auch ausserhalb der Kämpfe – die Unterschiedlichen Fähigkeiten prägen diese Charaktere sehr stark. Also liege da durchaus unterschiedliche Schwerpunkte. Die Verteilung ist nur anders als von dir beschrieben.

      Die Möglichkeit einzugreifen bedeutet nur, dass alle Klassen innerhalb und ausserhalb der Kämpfe sehr flexibel sind und realistische Möglichkeiten haben, teilzuhaben. Das ist übrigens nicht nur den Charakteren geschuldet, sondern auch den Herausforderungen. Auch mit 4e ist es immer noch Möglich Herausforderungen zu bauen, die einen Krieger aussen vor lassen würden. (Die meisten Krieger verstehen beispielsweise nichts von Diplomatie, Arkanem Wissen und Diebstahl. Wenn eine Skill Challenge jetzt nur auf diese Skills abzielen würde und so gehandhabt würde, wie vorgesehen: Glückwunsch, sie haben es geschafft jemanden aussen vor zu lassen. Wenn die Situation dann noch ausgespielt wird und sich hinzieht … wenn ich der Krieger wäre, wäre ich sauer.)

  2. Hm… jetzt hast du das von dir selbst genannte Beispiel (Krieger können bei alten Systemen in diplomatischen Situationen nichts reissen und stehen nur doof rum) am Ende deines eigenen Postings auch auf 4e bezogen.

    Ich sehe das so: oldschool kennt eigentlich keine Skills. Das heisst, die Charaktere können so gut diplomatieren, wie ihre Spieler. Da bleibt dann höchsten ein Charismawurf, um den abschließenden (Miss-)Erfolg genauer eingrenzen zu können. Modernere Systeme, die allen Helden gleiche Grundvoraussetzungen geben wollen, nutzen nun genau diese Skills, um den evtl. Mangel an Spielerfähigkeiten durch Charakterfähigkeiten auszugleichen. Aber eben auch mit der Konsequenz, dass die meisten Kämpfer bei Verhandlungen die Klappe zu halten haben – denn was sonst nutzen dem Priester seine Skillranks in dieser Fertigkeit?!

    In diesem Blogeintrag ging es aber, so war mir zumindest, mehr um Kampffertigkeiten und der Möglichkeit, dass alle Charaktere jede Runde zu einem Kampf beitragen können – unter 4e. Das mag vielen gefallen – mir nicht. Oldschool Zauberer haben weniger Angriffe – aber dafür meistens mit deutlich mehr Wums. Oldschool Diebe sind abseits eines hinterhältigen Angriffs recht gerfährdet, zum Opfer eines Kampfes zu werden – aber wenns hinhaut, kann auch ein Treffer reichen, den Gegner auszuschalten. Der Spieler muss halt abwägen, ob es sich lohnt…

    Daily Powers, Healing Surges? Das ist reine Gleichmacherei – klingt und schmeckt nach MMORPG, nicht nach Pen & Paper.

  3. Das ist recht interessant – ich empfinde das vorhandensein von entsprechenden Fertigkeiten nicht als Ausgleich, sondern als widerspiegeln des Charakters in Regewerten. Bei Oldschooligen Systemen gibts keine Skills – das würde für mich bedeuten, dass man die Tätigkeiten direkt auf die Attribute zurückführt. Und dann kann der Spieler noch so toll sozial begabt sein, der Charakter ist es nicht, wenn sein Charisma nun Mal grottig ist.

    Unterschiedliche Sichtweisen eben. Deine ist vom Oldschool geprägt, meine von einem ganz modernen System. Und wir interpretieren Sachen sehr unterschiedlich. Bei dir klingen Skills und co. als Einschränkungen in der Freiheit (was sie bei stark unterschiedlichen Möglichkeiten, wie es bei D&D 3.5 der Fall war, auch sind – aber nur durch die stark abweichende Menge an Skillpunkten), für mich sind sie eben nur eine Reflektion der Fähigkeiten des Charakters.

    Der mit der Gleichmacherei kann ich, wie schon zuvor gesagt, noch nachvollziehen, denn die Charaktere sind eben nicht gleich. Und gleichmacherei, die nicht gleich macht ist wohl keine Gleichmacherei. Taktische Entscheidungen in denen man das Für und Wider abwägen muss, gibt es immer noch. Gerade letztens meinte unser Psion (vereinfacht: ein Mentalmagier. Viele Flächeneffekte, wenig Trefferpunkte) er müsse sich nah bei den Gegnern positionieren um uns den Arsch zu retten – und noch in der gleichen Runde hat er bitter dafür bezahlt.

  4. Ich grübel derzeit selber über ein Skill System, dass ich in meiner AD&D 2nd Kampagne verwenden möchte. Schlank und trotzdem hilfreich, die Chars abzurunden. Und trotzdem stark von den Attributswerden abhängig – und nicht von Attributsboni. Aber das ist gar nicht so einfach… :/

  5. Was ist OldSchool? DSA?

    Zur Diskussion: Ich mag es, wenn es *kurze* Einzelsequenzen gibt (≤15min). Wenn sie länger werden, sollten die anderen Spieler eine Möglichkeit haben, dabei zu sein.

    Funk (o.ä.) ist hier ein gutes Mittel. Dann können sie zumindest beraten und sind so irgendwie dabei.

    Ein anderes Mittel sind unterstützende Proben. Einer mag die Hauptarbeit machen, aber die anderen können ihn mit ihren Aktionen unterstützen (ihm Boni geben).

  6. @cyric,
    Nimm doch einfach ein abgewandeltes D&D4 Skillsystem. Man würfelt mit Attribut plus festem Bonus. Bei Charakterschaffung und alle paar Stufen gibts einen oder mehrere Skillboni zu verteilen.

  7. Mir gefallen die Skills nicht sonderlich – weder bei D&D 3, noch 4. Ich kann dir noch nicht einmal genau sagen, warum. Aber sie stellen nicht die Skills dar, die ich in einem schlanken Fantasyspiel gerne hätte.

  8. Und in einem Spiel sind lange Zeiten, in denen man nicht vernünftig eingreifen kann, schlecht. Die meisten Gesellschaftsspiele wissen das. Die meisten Rollenspiele wälzen die Verantwortung auf den DM ab, was okay ist, wenn der DM das gut handhabt. Trotz allem haben auch bei Brett- und Kartenspielen unterschiedliche Spieler unterschiedliche Spielanteile. Eine mechanische Gleichverteilung der „Aktionsphasen“ kann daran nichts ändern. Wer die Regeln (inkl. Gruppenvertrag) kennt und seinen Handlungsspielraum geschickt nutzt, der hat zu jeder Zeit mehr vom Spiel als jemand bei dem eines oder beides nicht gegeben ist.
    Anderseits wird jeder Spieler – ganz unabhängig vom Rollenspielsystem – benachteiligt sein, wenn er eine Klasse spielt, die der SL doof findet und eigentlich nicht in sein Spiel einbauen will.

    Darum sollten Herausforderungen so angelegt werden, dass alle eine Möglichkeit haben einzugreifen. So ist es. Wie diese Möglichkeit zustande kommt und ob man eine Hilfestellung in mechanischer Form möchte oder nicht ist letztlich eine Frage des Spielstils/ der Spielphilosophie. Was einen Spieler zum Handeln anregt, behindert einen anderen.

    Meine Antwort auf „WIEVIEL SOLL JEDER BEITRAGEN KÖNNEN?“ lautet: Soviel, wie der einzelne Spieler und der Rest der Gruppe es für angessen halten.

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